
Die Möglichkeit, altes gegen neues Spritzbesteck zu tauschen, ist seit vielen Jahren ein zentrales Angebot in der niedrigschwelligen Arbeit der Drogenberatung Wolfsburg.
Es ermöglicht unseren Klienten, sich in der SonderBar ausreichend mit sterilem Einmalspritzbesteck zu versorgen und mit benutztem zu „bezahlen“. Wer nichts zu tauschen hat, kann das Besteck kaufen. Da dieses Tauschsystem von Beginn an gut angenommen wurde, ist es in doppelter Weise wirkungsvoll:
- Es vermindert bei den Konsumenten Erkrankungen, die durch mehrfache oder gemeinsame Benutzung von Spritzen entstehen können,
- zum Schutz der Allgemeinheit vermindert es die Zahl der herumliegenden Spritzen in der Öffentlichkeit.
So erhalten wir jährlich mehrere Kubikmeter gebrauchte Spritzen zurück und führen sie einer ordnungsgemäßen Entsorgung zu. Das kann natürlich nicht verhindern, dass einzelne Personen benutzte Spritzen an öffentlichen Orten liegen lassen, aber es verringert die Wahrscheinlichkeit enorm.
Spritzentausch

Um Drogenkonsumenten bedarfsgerecht zu versorgen, bieten wir viele verschiedene Utensilien an. Während der Öffnungszeiten der SonderBar können Besucher ihr benutztes Besteck 1:1 gegen neues tauschen. So ermöglicht unser Angebot, sich langfristig über diese Art des Pfandsystems kostenfrei mit sauberem Besteck zu versorgen. Die einzige Gegenleistung, die erbracht werden muss, ist - wie bei Pfandflaschen - lediglich die Rückgabe des benutzten Spritzbestecks.
Unser Angebot umfasst verschiedene Kolben- und Kanülengrößen, Einweglöffel, Filter, Tupfer, Asco, Venenstauer, Feuerzeuge und Röhrchen. Außerdem bieten wir gratis Kondome und Verbandmaterial an.
Spritzenautomat
Natürlich ist unser Angebot nur optimal, wenn es das ganze Jahr rund um die Uhr zur Verfügung steht. Über unseren Spritzenautomaten (hier der genaue Standort) verkaufen wir einen großen Teil unseres Sortiments auch außerhalb der Öffnungszeiten der SonderBar. Hier bekommt man Spritzen in verschiedenen Größen, Kanülen in verschiedenen Längen, Einweglöffel, Asco, Tupfer, Feuerzeuge und Kondome. Direkt neben dem Automaten hat man die Möglichkeit altes Besteck sicher zu entsorgen.
Safer-Use als Baustein von Harm Reduction
Was ist denn das?
Safer Use bezeichnet Strategien, die helfen, begleitende und vermeidbare Schäden beim Drogenkonsum zu minimieren. Natürlich ist es am sichersten, keine Drogen zu konsumieren. Wenn jemand dennoch Drogen konsumiert, sollte er unserer Auffassung nach in der Lage sein, sich vor weiteren Schäden zu schützen. Das erfordert gerade beim intravenösen Konsum eine ganze Reihe von Maßnahmen.
Zu den vermeidbaren Schäden zählen wir Schäden, die direkt oder langfristig durch den Konsum entstehen (Abszesse, septischer Schock, Thrombosen / Embolien, Überdosierungen, Entzündungen, etc.) und Schäden, die durch den gemeinsamen Gebrauch von Spritzbesteck entstehen (in erster Linie übertragbare Krankheiten wie HIV oder Hepatitis).
Wir unterstützen Konsumenten durch Abgabe von Besteck, sinnvollem Zubehör und Aufklärung darin, ihre Gesundheit in bestmöglicher Weise zu schützen. Durch Spritzentausch und -entsorgung verbessern wir die Situation der Allgemeinheit im Umfeld von Drogenkonsum.
Und was ist Harm Reduction?
Harm Reduction ist englisch und bedeutet Schadensminimierung, -reduzierung oder -minderung. Es ist ein Konzept, das die Reduzierung der mit dem Drogenkonsum verbundenen Risiken und Gesundheitsgefährdungen zum Ziel hat. Dieses Konzept ist nicht gekoppelt mit einem Abstinenzwunsch, also dem Wunsch des Konsumenten, zukünftig drogenfrei zu leben.
Harm Reduction zielt aber auch auf eine Verbesserung oder Stabilisierung des allgemeinen körperlichen und psychischen Zustands sowie der sozialen Situation. Das Konzept der Schadensminimierung beschränkt sich dabei nicht auf bereits eingetretene Schäden, sondern versucht auch, im Sinne einer Schadensverhinderung zu den vorhandenen Problemen keine weiteren hinzutreten zu lassen.
Wir bieten Drogenabhängigen also über einen niedrigschwelligen Zugang ohne besondere Vorbedingungen Hilfestellungen an. Hierzu zählt unter anderem auch unser Safer-Use-Angebot.
Ist das nicht kontraproduktiv?
Erleichtert das nicht bloß unnötig den Konsum und verleitet vielleicht Menschen dazu, Drogen mal auszuprobieren? Nein, das sehen wir anders: Unser Angebot richtet sich nicht an Menschen ohne Drogenerfahrung und wird von ihnen auch nicht wahrgenommen. Unsere Zielgruppe sind Menschen mit Drogenerfahrung, die -warum auch immer- unter allen Umständen zum Konsum entschlossen sind. Wir verbessern mit unseren Maßnahmen die Umstände, unter denen konsumiert wird. Langfristig erhalten wir auf diese Art Ressourcen, die sie bei einem späteren Ausstieg gut gebrauchen können.
Langjährige Erfahrungen
Seit es in den frühen 1990er-Jahren nicht mehr verboten war, Spritzbesteck an intravenös konsumierende Abhängige abzugeben, hat die Jugend- und Drogenberatung im Rahmen ihrer niedrigschwelligen Hilfe Spritzentausch angeboten. 2002 kam dann an der SonderBar ein rund um die Uhr verfügbarer Spritzenautomat hinzu. Safer-Use gehört zum unverzichtbaren Standardangebot moderner Drogenhilfe und leistet einen großen Beitrag zur Eindämmung von HIV und Hepatitis.